Mehr als ein Polarforscher
Fridtjof Nansen, Namenspatron der Nansenstraße, wäre am 10. Oktober 150 Jahre geworden
Wer den Namen Nansen hört, der denkt vor allem an seine Expeditionen ins ewige Eis. Doch neben seinen Forschungsreisen zum Nordpol war Nansen auch politisch aktiv. Sein Engagement galt vor allem den Schwachen: Als Hochkommissar des Völkerbundes für Flüchtlingsfragen setzte er sich nach dem Ersten Weltkrieg für Kriegsgefangene und für die hungernde sowjetische Bevölkerung ein. Obwohl der Völkerbund jegliche finanzielle Unterstützung für die Sowjetunion abgelehnt hatte, schaffte es Nansen durch Spenden privater Organisationen, Millionen Bürger vor dem drohenden Hungertod zu retten. Ebenso setzte er sich für Flüchtlinge ein, die während der Kriegswirren ihre Staatsbürgerschaften verloren hatten. Sie konnten ab 1922 mit dem von ihm initiierten Nansen-Pass umsiedeln.
Während des Griechisch-Türkischen Krieges 1920 bis 1922 vermittelte Nansen zwischen Griechenland und der Türkei und ermöglichte über einer Million Menschen auf beiden Seiten in ihre Heimatländer zurückzukehren und dort eine Existenz zu gründen.
Sein Einsatz für Menschen in Not wurde 1922 mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Das Preisgeld spendete Fridtjof Nansen der Flüchtlingshilfe.
1925 entwickelte er einen Hilfsplan für die Armenier, die nach der Aufteilung des kurzzeitig unabhängigen Landes zwischen der Türkei und der Sowjetunion von beiden Seiten massiv verfolgt wurden. Das von Nansen angefertigte Programm wurde letztendlich nicht umgesetzt, bildete aber die Vorlage für den sogenannten Marshall-Plan, der nach dem Zweiten Weltkrieg den Wiederaufbau Deutschlands und anderer Staaten Westeuropas ermöglichte.
Nansen starb 1930 im Alter von 69 Jahren. Um seine erfolgreiche Flüchtlingsarbeit fortzuführen, gründete der Völkerbund kurze Zeit später das Internationale Nansenamt für Flüchtlinge (Office International Nansen pour les Réfugiés), das 1938 ebenfalls mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.
Fridtjof Nansen ist also aufgrund seines großen Engagements für Mitmenschen, die auf der Schattenseite des Lebens standen, ein durchaus geeigneter Namensgeber für eine Straße in unserem Quartier. Denn auch hier im Reuterquartier gibt es Menschen, die unsere Hilfe benötigen: Kriegsflüchtlinge, Menschen, die in ihren Heimatländern verfolgt werden und alle anderen, die unverschuldet in Not geraten sind.
Die Nikodemus-Gemeinde lädt zu mehreren Veranstaltungen ein, um den 150. Geburtstag Nansens gemeinsam zu feiern und um an seine politischen Erfolge zu erinnern.
14. Oktober um 20 Uhr:
Gedenkabend an Fridtjof Nansen mit Lesung, Gespräch und Musik
16. Oktober um 10 Uhr:
Gottesdienst mit dem Thema „Nächstenliebe ist die einzig wahre Realpolitik“. Zeitgleich findet zum gleichen Thema ein Kindergottesdienst statt.